In einer Interviewreihe mit Akteur:innen aus dem Bereich der Freiflächen-Solarthermie analysiert das Hamburg Institut Verbesserungspotenziale bei bestehenden Genehmigungsprozessen. Erste Empfehlungen lassen sich bereits ableiten, weiß Felix Landsberg zu berichten.
Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien hat angesichts der aktuellen welt- und energiepolitischen Lage eine ganz neue Dynamik erhalten. Es gilt, alle verfügbaren Potenziale zu identifizieren und mit der jeweils am besten geeigneten Technologie möglichst effektiv zu nutzen. Was speziell die große Solarthermie als Erzeugungstechnologie zur kommunalen Wärmeversorgung beitragen kann, erforscht unter anderem das Hamburg Institut im Projekt SolnetPlus. Das Ziel dahinter: Wärmeversorger und Kommunen in Deutschland sollen darin bestärkt werden, durch Solarthermie forciert ihren Beitrag zur Wärmewende zu leisten.
Vor der Umsetzung von Anlagen steht jedoch der Genehmigungsprozess – und der erweist sich in der Praxis immer wieder als sehr langwierig. Worin konkret die größten Hemmnisse liegen, erfährt das Hamburg Institut derzeit aus erster Hand: In Interviews berichten Projektierer:innen und Vertreter:innen von Kommunen über bestehende Prozesse. Welche Erkenntnisse die bisherigen Gespräche hervorgebracht haben, erzählt Felix Landsberg, Berater beim Hamburg Institut.
Welches Ziel steht hinter dem Austausch mit den Akteur:innen aus dem Bereich Freiflächen-Solarthermie?
„Sie bilden die Basis für unsere Analyse des Status-quo, aus dem wir dann im nächsten Schritt Optimierungspotenzial ableiten und Lösungsansätze für eine zeit- und kosteneffiziente Genehmigungspraxis entwickeln wollen. Denn klar ist: Wenn wir das Tempo beim Erneuerbaren-Ausbau merklich erhöhen wollen, muss sich das gesamte Verfahren beschleunigen. Und das fängt bei Prozessen rund um die Planung und Genehmigung von Projekten an. In den Interviews erfahren wir, was gut läuft und wo es noch hakt.“
Lassen sich schon Tendenzen erkennen, wo der Schuh besonders drückt?
„Meist geht es in den Gesprächen um das Thema Fläche. Der Platzbedarf bei Freiflächen-Solarthermie ist ebenso groß wie die Anforderungen. So können die Anlagen nicht allzu weit von den Wärmenetzen und den Verbrauchern entfernt gebaut werden. Der Ablauf gestaltet sich bisher meist so, dass für ein bestimmtes Solarprojekt eine Fläche gesucht wird. Ist ein potenzielles Gelände gefunden, landet der Fall bei den kommunalen Genehmigungsbehörden, um zu klären, ob, wie und unter welchen Auflagen eine Freiflächen-Solarthermieanlage an diesem Standort genehmigt werden kann. Hier sind dann viele verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zahlreiche zuständige Stellen involviert. Da es bislang in den wenigsten Kommunen bereits Freiflächensolarthermie gibt, ist ein solches Verfahren für die beteiligten Behörden meist Neuland. All dies führt dazu, dass sich die Prozesse in die Länge ziehen. Und das Procedere fängt für jedes einzelne Projekt wieder bei Null an.“
Gibt es bereits Ideen, wie sich das Verfahren verbessern ließe?
„Ohne unserer qualifizierten Analyse vorgreifen wollen, erscheinen hier zwei wesentliche Veränderungen sinnvoll. Zum einen äußern die Befragten immer wieder den Bedarf nach klareren Regeln und Empfehlungen für den Genehmigungsprozess seitens übergeordneter Stellen. Zum Beispiel wäre eine Vorgabe hilfreich, wie Ausgleichsmaßnahmen zu quantifizieren sind oder welche Auflagen für die Nutzung der Flächen zwischen den Kollektorreihen sowie für deren Abstände oder Bauhöhen gelten sollten. Dabei muss zwischen bundesweiten Anforderungen und lokalen Erfordernissen abgewogen werden können. Ein frühzeitiger Dialog mit den Behörden ist immer empfehlenswert, aber ein Regelwerk würde allen Beteiligten helfen.“
Und die zweite Veränderung?
„Aus unserer Sicht müsste der Prozess der Flächensuche komplett umgedreht werden, nach dem Motto: von der Fläche zum Projekt, nicht vom Projekt zur Fläche. Das bedeutet: Kommunen sollten im Zuge der Energiewende von sich aus so viele Flächen für die Energieernte ausweisen, dass den Anforderungen des Klimaschutzes vor Ort durch die lokale Energieerzeugung ausreichend Sorge getragen werden kann.
Ein solcher „Flächenkatalog“ für potenzielle Vorhaben erfordert eine strukturierte Flächenanalyse im Hinblick auf folgende Fragestellungen: Wieviel Energie können und müssen wir auf unserem Stadt- oder Gemeindegebiet erzeugen? Welche Flächen stehen dafür zur Verfügung? Und für welche Erzeugungsarten sind diese am besten geeignet? Im Sinne ihrer Klimaschutz- und Ausbauziele für erneuerbare Energien sind Kommunen jetzt also gut beraten, selbst aktiv zu werden statt nur von Projekt zu Projekt zu denken und zu entscheiden.“
Weitere Informationen dazu im Infoblatt „Flaschenhals Fläche. Flächenhemmnisse durch Flächenanalyse strukturiert begegnen“
Näheres zum Projekt SolnetPlus finden Sie hier sowie auf der Projekt-Website solare-wärmenetze.de