Hamburg Institut Standpunkt: Ausweisung von Wärmenetzgebieten nach WPG

Die kommunale Ausweisung von Gebieten zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen

Seit Anfang 2024 regelt das Wärmeplanungsgesetz (WPG) unter anderem, wie die Wärmeplanung umzusetzen ist und welche Maßnahmen sich ergeben können. In diesem Jahr werden die ersten Wärmepläne nach Wärmeplanungsgesetz veröffentlicht und gegebenenfalls erstmals Gebiete zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen nach WPG ausgewiesen.

Was das in der Praxis bedeutet und welche Wirkung dieses Instrument entfalten kann, schauen wir uns in unserer Reihe HAMBURG INSTITUT STANDPUNKT näher an. Direkt zum Download

Die Ausweisung ist kein Bestandteil der Wärmeplanung.

  • Die Entscheidung über die Ausweisung von Wärmenetzgebieten berücksichtigt zwar die Ergebnisse der Wärmeplanung, stellt aber eine zusätzliche und rechtlich selbstständige Entscheidung dar.
  • Die Ausweisung erfolgt nicht im Rahmen des Wärmeplans, sondern als Satzung, Verordnung oder durch Verwaltungsakt.
  • Private Haushalte haben keinen Anspruch darauf, dass ein Grundstück zu einem bestimmten Gebiet eingeteilt wird.
  • Die planungsverantwortliche Stelle kann eine Ausweisung von Wärmenetzgebieten entscheiden, ist aber nicht dazu verpflichtet.

Fazit:
Die Ausweisung von Wärmenetzgebieten nach WPG stellt eine von der Wärmeplanung unabhängige Entscheidung dar. Sie ist nicht gleichzusetzen mit der Einteilung in Wärmeversorgungsgebiete, die im Rahmen der Wärmeplanung erfolgt.

Die Ausweisung allein baut keine Wärmenetze.

  • Allein die Ausweisung eines Wärmenetzgebiets bedeutet nicht zwingend, dass sich dort auch ein Akteur findet, der ein Wärmenetz baut.
  • Damit der Anschluss an ein geplantes Wärmenetz als Erfüllungsoption nach Gebäudeenergiegesetz (GEG) anerkannt wird, muss ein Wärmenetzbetreiber einen Anschluss innerhalb von 10 Jahren zusagen.
  • Der Wärmenetzbetreiber haftet für die Mehrkosten zur Erfüllung der Quote von 65% Erneuerbare Energien nach GEG, wenn der Anschluss innerhalb dieser Frist nicht gestellt werden kann.

Fazit:
Durch die Ausweisung ergibt sich nicht automatisch die Option, sich an ein Wärmenetz anschließen zu können. Ein Wärmenetzbetreiber muss die Zusage geben, innerhalb von zehn Jahren einen Anschluss zu stellen und bei Nicht-Erfüllung für Mehrkosten zu haften
.

Die Ausweisung ist ein starkes politisches Signal.

  • Die Ausweisung von Wärmenetzgebieten ist ein klares Signal, dass der Bau von Wärmenetzen in diesen Bereichen politisch gewollt ist.
  • Durch die Ausweisung werden die im GEG festgeschriebenen Fristen zeitlich vorgezogen. Mit der Ausweisungsentscheidung wird dies mindestens in Kauf genommen oder sogar bewusst angestrebt – ein Bekenntnis zum ambitionierten Klimaschutz.
  • Ähnliche Impulse könnten ein Anschluss- und Benutzungsgebot für Wärmenetze oder die Festsetzung von Verbrennungsbeschränkungen, die den Einsatz bestimmter Brennstoffe untersagen, setzen.

Fazit:
Die Ausweisung stellt die politischen Weichen klar in Richtung Wärmenetzausbau – die Signalwirkung könnte aber auch durch andere städtebauliche Instrumente erreicht werden
.

Die Ausweisung löst das GEG aus und fördert hohe Anschlussquoten.

  • Durch die Ausweisung eines Wärmenetzgebiets greifen die Vorgaben des GEG in diesem Bereich schon ab der Ausweisung. Die Ausweisung sollte daher nur in solchen Fällen erfolgen, in denen absehbar ist, dass bestimmte Grundstücke oder Teilgebiete mittels Wärmenetz versorgt werden.
  • Im Rahmen der Vorgaben des GEG scheint der (geplante) Anschluss an ein Wärmenetz aktuell regulatorisch sehr attraktiv.
  • Durch die Vorgaben des GEG wird die Planungssicherheit des Netzbetreibers gestützt – neben dem Anschluss an das Netz können aber auch andere Optionen die 65%-EE-Quote erfüllen.
  • Anschluss- und Benutzungsgebote in Form von Gebietssatzungen würden eine ähnliche Wirkweise in puncto Planungssicherheit des Netzbetreibers entfalten – lassen aber nach aktueller Lesart auch den Einbau von anderen Erneuerbaren-Technologien zu.

Fazit:
Durch die Ausweisung kann die Anschlussquote an das Netz erhöht werden – ein Anschluss- und Benutzungsgebot könnte aber mindestens die gleiche Wirkung entfalten.

Die Ausweisung hat wenig Einfluss auf die Wärmewende vor Ort.

  • Die 65%-EE-Pflicht für Heizungen in Bestandsgebäuden aus dem GEG wird bundesweit ab Mitte 2026 bzw. spätestens Mitte 2028 gelten und alle Gebäudeeigentümer:innen betreffen.
  • Eine Ausweisung, die dazu führt, dass die 65%-EE-Pflicht aus dem GEG in bestimmten Gebieten schon einige Jahre früher ausgelöst wird, kann zeitlich nur sehr begrenzt wirken.

Fazit:
Durch die Ausweisung werden keine grundsätzlichen regulatorischen Parameter geändert – der Vorzug um einige Jahre hat vermutlich nur geringe praktische Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Wärmewende vor Ort. Gleichzeitig drohen bei ausbleibendem Wärmenetz(aus)bau individuelle Härtefälle, die durch die frühzeitige Auslösung der GEG-Fristen entstehen können.

Ausblick: Gesamtfazit & Empfehlung

  • Liegt eine verbindliche Zusage des Wärmenetzbetreibers nach § 71j Absatz 1 GEG für ein Teilgebiet vor, so kann die Ausweisung eines Wärmenetzgebiets aus unserer Sicht ein geeignetes Instrument sein, um Planungssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.
  • Ist dies nicht der Fall, empfehlen wir unter aktuellen Rahmenbedingungen eher, keine Ausweisung von Wärmenetzgebieten vorzunehmen, da allein durch die Ausweisung keine weiteren Optionen zur Erfüllung der Vorgaben nach GEG geschaffen werden.
  • Geeignete Alternativen zur Ausweisung sind a) private Verträge zwischen Wärmenetzbetreibern und zukünftigen Anschlussnehmenden (LOIs) und b) der Einsatz von städtebaulichen Instrumenten (Satzungen).