In einigen Bundesländern ist sie bereits Pflicht, andere widmen sich ihr freiwillig als Bestandteil ihrer Klimaschutzbemühungen: Die kommunale Wärmeplanung ist spätestens seit den Diskussionen um die Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) Thema. In absehbarer Zeit ist mit einer flächendeckenden bundesweiten Pflicht zur Wärmeplanung zu rechnen. Wir haben unsere Expert:innen Paula Möhring und Felix Landsberg gefragt, worauf es bei einer guten Wärmestrategie für Kommunen ankommt.
Hallo Paula, hallo Felix. Ihr beratet beim Hamburg Institut Kommunen zum Thema Wärmeplanung. Wieso ist das eigentlich so wichtig?
Paula Möhring: Verglichen mit dem Thema Strom hat der Wärmesektor in den vergangenen Jahren eher wenig Aufmerksamkeit bekommen. Dabei steckt hier ein enormes Potenzial: Der Gebäudesektor verursacht rund 16 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland und innerhalb privater Haushalte fallen über zwei Drittel der Emissionen beim Heizen an. Es gibt bereits gute technische Lösungen, um die Wärme- und Kälteversorgung zu dekarbonisieren. Jetzt ist es entscheidend, diese strategisch richtig zu steuern, alle Akteure, insbesondere die Stadtplanung, mit einzubeziehen und die nötigen regulatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Kommunale Wärmeplanung schließt aber nicht nur den Gebäudesektor, sondern die Kommunen im Ganzen ein und ist ein zentrales Instrument, um den Weg weg von fossilen und hin zu erneuerbaren Energieträgern strategisch zu planen und umzusetzen. Hierzu kann es auch sinnvoll sein, mit angrenzenden Gemeinden zusammenzuarbeiten und Synergien zu nutzen.
Klingt nach einer großen Aufgabe…
Felix Landsberg: Ja, das lässt sich nicht leugnen. Aber es ist eben auch eine extrem wichtige Aufgabe. Und wenn man einmal weiß, was es zu beachten gibt, ist das auch machbar. Am Ende tauchen häufig ähnliche Hemmnisse auf und auch wenn jede Kommune anders ist, helfen uns die Learnings aus den verschiedenen Projekten oft weiter.
Was gehört denn alles zur kommunalen Wärmeplanung?
Felix Landsberg: Das unterscheidet sich natürlich immer von Kommune zu Kommune, grundsätzlich starten wir aber erst einmal mit einer Analyse des Ist-Zustands. Hier schauen wir uns an, wie hoch der Wärmebedarf ist und erstellen Energie- und Treibhausgasbilanzen. Anschließend ermitteln wir in der Potenzialanalyse Einsparpotenziale und/oder lokale Potenziale von erneuerbaren Energien. Hierbei prüfen wir zum Beispiel, ob und wie sich in der jeweiligen Kommune Geothermie, also in der Erde gespeicherte Wärme, nutzen ließe. Im Zielszenario wird dann festgehalten, welche Eignungsgebiete, zum Beispiel für Fernwärmeverdichtung- oder erweiterung, Quartierswärme oder dezentrale Versorgungslösungen, identifiziert wurden. Auf dieser Grundlage erarbeiten wir eine präzise Wärmewendestrategie mit den dazugehörigen Maßnahmen. Diese werden schrittgenau geplant und priorisiert, so dass es danach an die Umsetzung gehen kann.
Paula Möhring: Neben dieser fachlichen Arbeit gehört häufig auch ein Konzept zur Akteursbeteiligung dazu. Denn letztendlich ist die Wärmewende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für die erfolgreiche Umsetzung einer Wärmestrategie braucht es die Akzeptanz und den Rückhalt der ganzen Kommune, nicht nur weniger Entscheidungspersonen.
Was sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wärmeplanung?
Paula Möhring: Grundsätzlich ist es sinnvoll, die Wärmeplanung auf der kommunalen Ebene auszuagieren. So können die Maßnahmen flexibel an die spezifischen Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. Damit die Kommunen dieser Verantwortung gerecht werden können, brauchen sie allerdings auch weiterhin die Unterstützung von Bund und Ländern – sei es in Form eines angepassten und verlässlichen Rechtsrahmens oder mit Tools und Leitfäden, damit sich nicht jede Kommune alles allein erarbeiten muss. Ausschlaggebend für eine Wärmeplanung, die den an sie gestellten Anforderungen auch tatsächlich gerecht wird, ist auch die monetäre Unterstützung. Noch bis Ende des Jahres können Kommunen im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erhöhte Förderquoten von bis zu 90% im Regelfördersatz in Anspruch nehmen, wenn sie die kommunale Wärmeplanung freiwillig durchführen. Kommunen, die bereits zur Wärmeplanung verpflichtet sind, erhalten eine pauschale Zuweisung zuzüglich eines Aufschlags je Einwohner durch das jeweilige Bundesland.
Felix Landsberg: Wichtig ist außerdem die bereits erwähnte Akzeptanz innerhalb der beteiligten Gruppen und der Bevölkerung. Um diese zu erreichen ist es entscheidend, was wie kommuniziert wird. Aktuell werden sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung viele Debatten zum neuen Gebäudeenergiegesetz geführt. Das ist gut, ich würde mir hier aber etwas mehr Konstruktivität und Pragmatismus wünschen. Wir können es uns nicht mehr leisten darüber zu sprechen, ob wir Lust auf die Wärmewende haben. Wir brauchen sie.
Eine sinnvolle Wärmeplanung ist außerdem eine langfristige Investition mit entsprechend großen Einsparungspotenzialen. Das Ganze ist kein einmaliger, sondern ein laufender Prozess, der sich stetig weiterentwickelt. Deshalb sollte von Anfang an auch ein langfristiges Monitoring mitgedacht werden.