Die Bundesregierung schlägt im Entwurf des „Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht“ auch Änderungen im Recht der Stromkennzeichnung vor. Mit dieser Stellungnahme für LichtBlick wird untersucht, wie sich die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung der Stromkennzeichnungsregeln in der Praxis auswirken.
Herangehensweise & Inhalt
Analysiert wurden die Stromkennzeichnungen von über 30 Stromvertrieben: Dabei wurden die im Internet veröffentlichten aktuellen Kennzeichnungen des gesamten Stromabsatzes der Unternehmen (Unternehmensmix) nach dem (voraussichtlich) zukünftig geltenden Recht neu berechnet. Im Vergleich der bestehenden und der zukünftigen Stromkennzeichnung wird deutlich, dass die bestehende Stromkennzeichnung in keiner Weise das Beschaffungsverhalten der Stromvertriebe wiedergibt. Selbst Unternehmen, die keinerlei Strom aus erneuerbaren Energiequellen einkaufen, weisen einen überwiegend grünen Strommix auf. Grund hierfür ist die Zuweisung der „grünen Eigenschaft“ des Stroms aus EEG-finanzierten Anlagen entsprechend der Höhe der gezahlten EEG-Umlage. Der Unterschied des erneuerbaren Energien Anteils zwischen der bestehenden und der zukünftigen Kennzeichnung beträgt bei den untersuchten Stromvertrieben zwischen 0 und 58 Prozent.
Mit der zukünftig geltenden Regelung wird zumindest im Unternehmensmix deutlich, in welchem Umfang die Versorger Strom aus erneuerbaren Energien beschaffen, da der Strom aus EEG-finanzierten Anlagen dort nicht mehr ausgewiesen werden darf. Die vorgeschlagene Änderung der Stromkennzeichnung betrifft nur den Unternehmensmix – nicht jedoch die Kennzeichnung der an Kunden gelieferten Stromprodukte (Produktmix). Im Produktmix sollen zukünftig weiterhin die bisherigen Regelungen zur Stromkennzeichnung gelten, einschließlich der Ausweisung des EEG-Anteils.
Die Stromkennzeichnung des Produktmix wird sich in den kommenden Jahren immer mehr angleichen. Bereits in einigen Jahren dürften alle an Privat- und Gewerbekunden gerichteten Stromtarife allein aufgrund des steigenden Anteils EEG-finanzierter Anlagen vollständig „grün“ sein. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Reform der Stromkennzeichnung ist ein wichtiger Schritt zur gesetzgeberischen Reparatur der Stromkennzeichnung, beseitigt jedoch noch nicht alle Kritikpunkte. Es verbleibt erheblicher Handlungsbedarf, um das Potenzial des freiwilligen Ökostrommarktes zur Beförderung der Energiewende zu heben.